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TRAUMA und BINDUNG
 

Eine Traumaerfahrung wird mit grosser Ohnmacht, Hilflosigkeit und Ausgeliefert sein erfahren und entsteht unter Hochstress. Es gibt verschiedene Traumaarten, dabei unterscheidet man im Wesentlichen zwischen einem Schocktrauma (einzelne, prägende Erfahrung) und einem sequentiellen Trauma (Prägung durch Wiederholung).

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"Ein Trauma ist eine psychische Wunde, die uns auf seelischer Ebene hart macht und in der Folge unsere Fähigkeit, zu wachsen und uns zu entwickeln, beeinträchtigt...Trauma ist nicht das was mit dir passiert, sondern das was in dir passiert." Gabor Maté

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Wichtig ist im Grunde nicht das Ereignis selbst sondern die Wunde die erlitten wurde und das Leiden das folgt. Die eigene Handlungs- und Verarbeitungsmöglichkeit und Unterstützung von Aussen (Co-Regulation) ist massgeblich, ob eine Traumafolge unser Leben weiter prägt. Jede Traumaerfahrung und Verarbeitung ist individuell, wobei die frühe Bindungserfahrung eine sehr prägende Rolle spielt.

Für eine Mehrheit der Menschen liegt die Traumaursache und damit der eigentliche Kern nicht in einem einzelnen Ereignis sondern in sich wiederholenden, stressreichen Ereignissen aus frühster Kindheit. Vorwiegend sind diese aus destruktiven Bindungsmuster der Bezugspersonen entstanden. Vielen Menschen ist dieser Zusammenhang nicht bewusst - "denn man hat das halt früher so gemacht".

Mögliche auswirkungen eines Entwicklungstraumas zeigen sich im eigenen Bindungsverhalten und den eigenen Beziehungen, dem inneren und äusseren Sicherheitsgefühl und der Verbundenheit mit sich selbst.

Die frühste Kindheit ist so prägend, weil ein Kind komplett abhängig von seinen Bezugspersonen ist und diese Bindung und die Anpassung daran der einzige Weg des Überlebens bedeutet. Es gibt in dieser frühsten Lebensphase keine Möglichkeit der Flucht oder des Kampfes um einer hochstress Situation zu entgehen. Selbstregulation und damit eine gesunde Stressbewältigung, kann nur durch die Co-Regulation einer feinfühligen Bezugspersonen gelernt werden.

Frühste positive oder schwierige Erfahrungen prägen massgeblich das Urvertrauen, legen den Grundboden der Identität und die Art wie wir in Beziehung treten, über was wir uns definieren, was wir im Aussen zeigen und was wir unterdrücken um unsere Sicherheit zu wahren.

Die frühen Erfahrungen bestimmen die Weltsicht nach Aussen, also ob die Welt als sicheren oder unsicheren Ort erfahren wird.

So kann es sein, dass wir im Grunde unser Leben ziemlich im Griff haben, eine mehr oder weniger gute Kindheit hatten, es aber einzelne Themen und auch Beziehungsmuster gibt, die sich immer wieder zu wiederholen scheinen und offenbar tiefer gehen, wir mitunter vielleicht (destruktive) Kompensationstrategien anwenden und damit einen dauerhaft verändernden Umgang mit dem Thema nicht möglich ist. Wir fallen auch als Erwachsene immer wieder in das alte Sicherheitsmuster von früher und verdrängen unsere wahren Empfindungen, bewegen uns entweder mehr in der Energie der Autonomie und Abgrenzung oder der Verschmelzung und Aufopferung um die alte, vermeintliche Sicherheit herzustellen.

Ein sicher gebundener Mensch kann sich in beiden Polen sicher Erleben und hat gelernt, flexibel zu pendeln und die eigenen Bedürfnisse sowohl-als-auch zu spüren und anzubringen. Die Energie fliesst im Austausch nach Innen und ins Aussen, das verschafft gesunde Regeneration, Kraft und Selbstwirksamkeit.

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Da wir keine kognitive Erinnerung an die ersten drei Jahre besitzen, haben wir für die frühsten Erinnerungen keine Sprache und Bewusstsein zur Verfügung. Ebenso können spätere traumatische Erfahrungen durch körperliche Schutzmechanismen unserer ganzheitlichen Erinnerung entzogen werden, weil das Erlebnis nicht vollständig von Anfang bis Ende verarbeitet und Integriert werden konnte. Die Folge davon ist, dass sich dieses unverarbeitete Erlebnis in verschiedenste Fragmente spaltet und diese Fragmente als einzelne, separat triggerbare Sinnes- und symptomatische Wahrnehmungen im Körper einkapselt und unbewusst aktiv gehalten werden. Wird ein Teil davon getriggert, zum Bespiel durch einen Geruch, eine Aussage, ein Bild oder einen Körperschmerz, kann unbewusst ein Flashback ausgelöst werden, welches die Überlebensstrategie von damals im autonomen Nervensystem aktiviert. Dies geschieht Augenblicklich, noch bevor wir unseren Verstand einsetzen können. So kann es sich anfühlen, dass du dir plötzlich wie ein kleines Kind vorkommst, es dir die Sprache verschlägt, dich das Gefühl von Wut, Angst oder z.B. Alleinsein überkommt, auch unerklärliche Körperschmerzen können traumaassoziert sein, um nur einige Beispiele zu nennen. Alles ist ein Schutz von unserem autonomen Körpersystem, welches versucht durch früh gelernte Schutzstrategien die Traumaenergie, das unterdrückte Gefühl irgendwo sicher zu "versorgen".

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Der Mensch ist ein erstaunliches Wesen und es ist wichtig zu bedenken, dass unser Körper immer für uns ist und jede Handlung im Grunde reine Lebensenergie in sich trägt und aus gutem Grund passiert.

Es ist Interessant zu wissen, dass uns unser Verstand nur zu 20% steuert und somit unser Körper und die oft unbewusst gespeicherten frühen Muster zu 80% unser Leben bestimmen.

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Eine Veränderung ist möglich! Wir wissen aus der Neurobiologie, dass der Mensch die Kraft der Veränderung besitzt und bis ans Lebensende neue neuronale Netzwerke durch bewusste, neue und korrigierende Erfahrung bilden und neue Lebenswege beschreiten kann.

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Traumawissen ist auch für Hilfesuchende wichtig um sich unbewusste Verknüpfungen und Prozesse bewusst zu werden, zu Verstehen, dass neue Wege eingeübt werden müssen um in Krisen nachhaltig zu greifen, aber auch zu wissen, dass Veränderung möglich ist und individuell sowie Körperorientiert gestaltet werden soll. So liegt dem berühmten Glaubenssatz in der Regel ein ganzes Glaubenssystem zu Grunde, welches von verschiedenen Persönlichkeitsanteilen getragen wird und nicht nur Sätze sondern auch Gefühle, Bewertungen, Körpersymptome und Muster in sich trägt die es aus der Verkapslung zu lösen und zu erforschen, erkennen, anzunehmen und schliesslich zu integrieren und weiter zu entwickeln gilt.

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Neue neuronalen Netzwerke können durch körperorientierte Imaginationsverfahren gebildet und eingeübt werden (Z.B. das Gefühl der inneren Sicherheit). Nicht von heute auf morgen, doch stehtig immer mehr.

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Gerne empfehle ich für vertieftes Wissen über Bindungstrauma die für Laien geschriebene Bücher

von Gopal Norbert Klein: "Der Vagusschlüssel zur Traumaheilung. Wie ehrliches Mitteilen unser Nervensystem reguliert."

Von Verena König: "Bin ich traumatisiert." und ihre umfangreichen Podcasts.

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